Alles neu (2/4): Wie Du Dein Unternehmen neu positionierst
In unserer ersten Ausgabe von creatalks haben wir diskutiert, warum sich Unternehmen manchmal neu erfinden sollten. Jetzt stellt sich bloß die Frage: Wie macht man das eigentlich? Spoiler: Aus eigener Kraft schaffen es die wenigsten.
Sich erst einmal einzugestehen, dass ein „Weiter so“ nichts mehr bringt, ist wahrscheinlich einer der schwersten Entwicklungsschritte, die ein Unternehmer machen kann. Wenn Du jedoch zu dem Schluss gekommen bist, dass Du Dich neu erfinden musst, bist Du leider noch nicht am Ende angelangt. Jetzt musst Du Dir darüber klarwerden, wie Du Dein Unternehmen neu positionierst.
Frag Dich: Was will ich eigentlich erreichen?
Marius Leuschner (Marketing-Manager, creatale): Das letzte Mal haben wir darüber gesprochen, dass irgendwann der Punkt kam, an dem Du wusstest: creatale entwickelt sich nicht in eine Richtung, mit der ich mich noch identifizieren kann. Letztlich haben Du und die anderen Gründungsmitglieder dann entschieden, getrennte Wege zu gehen und dass Du creatale allein weiterführen wirst. Jetzt mal ganz plump gefragt: Wie hast Du dann weitergemacht? Wie gestaltet man eine Firma um?
Christian Dittrich (Geschäftsführer, creatale): Einfach war das nicht. Ich wusste vor allem zu wenig über Marketing und solche Dinge. Das haben die uns an der Uni kaum beigebracht. Anfangs hab ich aber auch noch gar nicht über konkrete Maßnahmen nachgedacht, sondern musste mir erstmal Gedanken darüber machen, was ich überhaupt will. Ich hab nach und nach angefangen, meine Vision für creatale auszuformulieren.
Marius: Aber wie macht man das, wenn man damit keine Erfahrungen hat?
Christian: Dafür braucht man meiner Meinung nach keine Erfahrung. Bei der Vision geht es noch nicht um konkrete Unternehmensziele oder Veränderung am Produkt. Eine neue Vision nimmt ihren Anfang, wenn Du als Unternehmer bemerkst, dass du mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden bist. Natürlich muss man dann trotzdem noch längere Zeit darüber nachdenken und die Vision konkret ausformulieren. Ich hab mich erstmal ganz grundsätzliche Dinge gefragt: Womit will ich meinen Alltag verbringen? Welche Kunden will ich ansprechen? Was will ich denen bieten? Wenn man nach und nach Antworten darauf findet, formuliert sich die Vision fürs eigene Unternehmen von ganz allein.
Hol Dir Hilfe von außen
Marius: Ok, dann sagen wir mal: Ich bin als Unternehmer jetzt so weit, dass ich ungefähr weiß, was derzeit „falsch“ läuft und was ich ändern möchte. Ich weiß zum Beispiel, dass ich gerade nur einen Kundenkreis anspreche, mit dem ich mich nicht identifizieren kann. Wie komme ich von hier aus jetzt zu konkreten Maßnahmen?
Christian: Da sind wir wieder bei dem Problem mit der fehlenden Erfahrung. Damit habe nicht nur ich gekämpft. Viele Unternehmer sind Profis in ihrer Branche, aber haben dafür noch Optimierungsbedarf in anderen Bereichen. Das „Was“ – also, was will ich erreichen? – konnte ich gut für mich selbst klären. Beim „Wie?“ musste ich letztlich einsehen, dass ich dafür Hilfe von außen benötige. Das ist für viele Unternehmer bestimmt kein leichter Schritt. Im Arbeitsalltag macht man so viel selbst – da sollte die strategische Neuausrichtung doch auch kein Problem sein. Aber so einfach ist es eben nicht. Vor allem hat eine Person „von außen“ nochmal eine ganz andere Perspektive auf Dein Unternehmen und kann Dir neue Anreize geben, auf die Du selbst nie gekommen wärst.
Wie Du den passenden Unternehmenscoach findest
Marius: Also hast Du einen externen Berater engagiert?
Christian: Einen Coach. Beziehungsweise war das leider nicht nur einer. Ich habe zuerst mit zwei Coaches gearbeitet – und die natürlich auch bezahlt –, bevor ich endlich die Richtige gefunden habe.
Marius: Was hast Du Dir von dem Coach denn erwartet? Und warum hat es so lang gedauert, bis Du die richtige Person für den Job gefunden hast?
Christian: Ich wollte einen Businesscoach, der mir ganz konkret hilft, meine noch etwas vage Vision in eine Marketingstrategie zu überführen. Ich hatte schon eine ungefähre Vorstellung von meiner Wunschzielgruppe. Aber ich wusste, dass ich das noch weiter konkretisieren muss – vor allem hab ich mir jemanden gewünscht, der mir dann auch zeigt, wo und wie ich die Zielgruppe am besten erreichen kann. Sollte ich beispielsweise meine Firmenwebsite umgestalten? Auf welche sozialen Medien sollte ich mich konzentrieren? Mein letzter Businesscoach – Agnes Jarosch, die mich beim „Neuerfinden“ wirklich toll unterstützt hat –, hat beim Coaching nochmal beim Grundsätzlichen angefangen. Wir haben geklärt, wie ich mich als Unternehmer außen und innen sehe, wer meine Kunden sein sollen und wie ich die von mir überzeugen kann. Dass sie erst Coach Nummer drei war, war eine Mischung aus fehlender Erfahrung und zu wenig Kommunikation im Vorfeld.
Marius: Was ist bei mit den anderen denn schiefgelaufen? Und hast Du aus den Fehlversuchen irgendwas gelernt?
Christian: Zuerst mal: Man lernt bei jedem Coaching etwas Neues, deshalb würde ich jetzt nicht von Fehlversuchen sprechen. Aber Anges hat auf jeden Fall am meisten zu unserer Neuausrichtung beigetragen. Warum ich die Zusammenarbeit mit den ersten beiden Unternehmenscoaches beendet habe, lag auf jeden Fall auch an der Chemie, die nicht ganz gepasst hat. Ich hätte mich aber auch vorher mehr mit den Coaches auseinandersetzen müssen. Heute würde ich das so machen: als Erstes natürlich die Website des Coaches checken. Und dann Kundenbewertungen lesen, zum Beispiel bei Google. Die sind natürlich nur ein Indikator, aber wenn derselbe Kritikpunkt oder dasselbe Lob immer wieder auftauchen, bekomme ich schon eine gute Vorstellung von den Stärken und Schwächen des Coaches. Was noch mehr hilft, ist, sich im Bekanntenkreis umzuhören. Und dann lohnt es sich auf jeden Fall, sich vor dem Coaching schon zusammenzusetzen. Hier ist mein Tipp an Unternehmer: Sei beim ersten Lunch schon so ehrlich wie möglich. Gib dem Coach eine genaue Vorstellung von dem, was Du brauchst. Und stell viele Fragen! Überleg Dir am besten vorher, was Du alles wissen musst, um eine Entscheidung zu treffen.
Was Du bei Deiner Neuausrichtung beachten solltest
Marius: Ich weiß aber zumindest aus zweiter Hand, dass so ein Coaching nicht ganz billig ist. Wenn Du jetzt gleich drei Coachings in Anspruch genommen hast – hat sich die Investition für Dich dann überhaupt gelohnt?
Christian: Auf jeden Fall. Selbst, wenn man mehrere Anläufe braucht beziehungsweise verschiedene Coaches durchprobiert: Das lohnt sich. Du willst ja schließlich Dein Unternehmen so umstrukturieren, dass Dir das Arbeiten nicht nur mehr Spaß macht, sondern auch so, dass es rentabler wird. Das geht meiner Meinung nach am besten mit einem Coach, der Deine Lage von außen betrachten kann. Für eine richtig durchdachte Neuausrichtung, ein neues Firmenimage oder was auch immer Dir vorschwebt, solltest Du definitiv etwas Geld in die Hand nehmen.
Marius: Wenn Du jetzt mal an Dein letztes, erfolgreiches Coaching zurückdenkst – hast Du irgendwelche Tipps für Unternehmer, die so etwas noch nicht mitgemacht haben?
Christian: Wenn Du Dich beraten lässt, solltest Du Dich auf jeden Fall immer fragen: Passt das zu mir, was der Coach mir da vorschlägt? Da geht es um Authentizität. Der Coach ist Experte in seiner Methodik und hat strategisch wahrscheinlich viel mehr auf dem Kasten, als Du. Trotzdem kennst Du Deine Vision und Deine Firma am besten. Unser voriges Image bei creatale hat zum Beispiel etwas mit „Softwarepiloten“ zu tun gehabt. Dieses Flugthema hat sich durch unsere ganze Website gezogen. Das war aber oft nur aufgesetzt und hatte nur wenig mit unserem – oder zumindest mit meinem – Selbstverständnis und auch nur wenig mit unseren Kunden zu tun. Wenn Du also merkst, dass der Coach eine Vision entwirft, die überhaupt nicht zu Deinen Vorstellungen passt, dann sag das lieber früher als später.
Marius: Zu viel reinreden lassen sollte man sich also nicht.
Christian: Jein. Man sollte wie gesagt darauf achten, dass das Coaching und die dabei entwickelten Ideen noch zu einem passen. Andererseits ist es aber auch ganz wichtig, offen zu bleiben und dem Coach zu vertrauen. Er oder sie ist Profi und Du bezahlst sie, weil sie etwas können, das Du nicht kannst. Ich würde also keine neue Idee und auch keine Methode, die erstmal ungewöhnlich wirkt, direkt abtun.
Marius: Und wie geht’s weiter, wenn das Coaching zu Ende ist?
Christian: Nach dem Coaching hast Du hoffentlich irgendein Ergebnis vorliegen. Eine neue Unternehmensstrategie, ein besseres Selbstverständnis, vielleicht einen neuen Slogan oder neue Webseitentexte. Was es auch ist: Jetzt musst Du Dir überlegen, wie Dir das im Alltag weiterhelfen wird. Ich habe dann für mich entschieden, welche Maßnahmen ich direkt selbst umsetzen kann. Bei anderen Maßnahmen und Aufgaben musste ich schlicht überlegen: Wer kann mir das abnehmen? Ein Coaching allein hat mich jetzt immer noch nicht zum Marketing-Experten gemacht. Außerdem fehlt mir für viele Dinge schlicht die Zeit. Ich musste also überlegen, welche Potenziale es in meinem Unternehmen schon gibt – welchen Kollegen ich jetzt konkret mit einer neuen Aufgabe betreuen kann. Für die Aufgaben, für die es noch an Talent gefehlt hat, musste ich entweder neue Leute einstellen oder mir wiederum Hilfe von externen Dienstleistern suchen. Kurz gesagt: Wenn Du weißt, was zu tun ist, umgib Dich mit Experten, die den Job erledigen können.
Das Wichtigste
- Kläre das „Was“! Formuliere Deine Unternehmens-Vision aus. Frage Dich: Wenn ich die Wahl hätte, welche Kunden würde ich am liebsten mit welchem Produkt ansprechen?
- Kläre das „Wie“! Hol Dir dazu am besten Hilfe von außen. Ein Unternehmenscoach verhilft Dir zu einer besseren Strategie und bringt frische Ideen und Perspektiven mit.
- Hab Vertrauen! Jeder Businesscoach arbeitet anders. Manche Methode kommt Dir vielleicht ungewöhnlich vor. Lass Dich zuerst mal drauf ein – aber bleib auf jeden Fall auch Deiner Vision treu.
In der nächsten Folge unserer „Alles neu“-Reihe bleiben wir beim „Wie“. Dann erfährst Du, wie Dir Individualsoftware dabei hilft, Dein Unternehmen neu auszurichten.
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